Bedeutung und Herkunft des Namens
Während familiengeschichtliche Quellen oft nur wenige Jahrhunderte zurückreichen, wurzeln die Familiennamen in früherer Zeit. Man hat deshalb nicht zu Unrecht den Namen als ältestes Zeugnis der Familiengeschichte bezeichnet. Er kann Auskunft geben über Beruf, Heimat oder Aussehen der Vorfahren zur Zeit der Festwerdung der Familiennamen. Vor allem die sprachliche Form, insbesondere der Herkunfts- und Berufsnamen, sowie Lautstand und Wortzusammensetzung der Namen allgemein lassen Rückschlüsse auf das Verbreitungsgebiet und damit auf die Herkunft der Vorfahren eines Namensträgers zu.
Ähnliches gilt auch von den Rufnamen, die landschaftlich unterschiedlich verbreitet waren, und sich darüber hinaus auch in den einzelnen religiösen Einflußbereichen verschieden entwickelten. Auch hier sind mundartliche Formen zu beobachten, die Rückschlüsse auf die Herkunft zulassen.
Andere Namen sind, zumeist durch Wanderung, weitgehend umgebildet worden, indem sie, aus unterschiedlichen Gründen, an die neue Umgebung angepaßt wurden. Eine der häufigsten Ursachen der Namenwandlung ist schließlich die Änderung der Schreibweise, die bis in das 19. Jahrhundert hinein zulässig war, oft durch phonetische Fehlinterpretationen der Kirchenbuchführer.
Die Schreibweise der fremden Namen in Ostpreußen (auch damals “Klein-Litauen” genannt) – und das sind neben den salzburgischen und den französischen gerade auch die litauischen – hat den deutschen Amts- und Kirchenbuchschreibern in vielen Fällen große Schwierigkeiten gemacht. Die Beamten / Kirchenbuchführer verstanden einfach nicht den Salzburger Dialekt oder die französische Sprache, und so ist manche Verballhornung zustande gekommen, die einfach auf Hörfehler zurückzuführen ist.
Bei den Litauern ist es etwas anders: hier gab es keine “richtige” Schreibweise, und so werden die Namen oft ganz verschieden geschrieben. Besondere Schwierigkeit bereitete der der deutschen Sprache fremde Laut z (wie im französischen “je” oder “jour”). Im allgemeinen wird er mit sz wiedergegeben, häufig auch mit sch, z.T. auch mit ß, das für gewöhnlich wie unser ß gebraucht wird.
Die litauischen Namen sind überaus wandlungsfähig. Neben den einfachen Endungen wie -as, -a, -is, -ys, (-ies), -us finden sich häufig, ja fast als Norm die Verkleinerungsformen: – aitis, (-atis, in Ostpreußen die am häufigsten gebrauchte Form), -elis, -ytis, – (i)ukas, -utis, -uzis und deren Verstümmelungsformen -ehl, -ait, -icks, -utt, -ux usw. Und diese Formen wechseln bei demselben Familiennamen häufig: Endre, Endreatis, Endraitis, Endrux, Endruttis, Endruschis u.a. – In Zusammensetzungen finden sich als 2. Bestandteil besonders häufig in den Hauptämtern Tilsit und Memel -preugsch = 2. Ehemann und -szentis = Schwiegersohn, z.B. Kalwepreugsch, Kalweszents zu Kalwies. Auch betonte Vokale werden vielfach verschieden gehört und geschrieben, z.B. Jagst, Jegst, Jogst.
1. Erster Deutungsversuch
Etymologie:
Der Familienname RADSZUWEIT ähnlich wie Radzuweit, Radczuweit, Radzuhn, ist eine preußisch-litauische Form;
zu litauisch: “roatus” = schön, “roatsunweitis” = etwa “dieser schöne Sohn”,
es handelt sich hier um eine patronymische Namensform, ein sogenannter Vatername. Ähnliche Namenvarianten dazu sind die eingedeutschten Formen Ratzlaff, Radack, Radslaw, Radislaw, gebildet aus dem slawischen Stamm: RAD – radu = gern, froh.
Namengattung:
Vorname
Verbreitung:
Die Schreibweise Radszuweit – Radzuweit ist überwiegend in Ostpreußen und Litauen verbreitet.
Erwähnungen:
1751 Mikkelis Radczuweit, Holzleger, Niebudsen/Kr.Gumbinnen;
1826-1850 Radzuweit, Königsberg (Trauungen)
1857-1864 Radszuweit, Milchbude, Alischken (später Walddorf) und Norkitten/Kr.Insterburg (Geburten)
2. Zweiter Deutungsversuch (1)
Etwa um 1989, gab es in Litauen 5 Personen namens Radz~iuvaitis: einen in Kiduliai, zwei in Klaipeda, einen in Pagegiai und einen in S~akiai.
Eingedeutscht lautet der Name Radzuweit oder Radszuweit.
Dieser Nachname besteht aus dem gekürzten Wortstamm Radz~ius, dem der Name des litauischen Geschlechts -aitis angehängt wurde. Radz~ius scheint seinen Ursprung im Namen Radziwill zu haben. Das eingefügte “Z” ist ein charakteristisches Merkmal der polnischen Version Radziwill zum litauischen Radvilas. Zwei weitere berühmte Namensstämme beinhalten das Stammwort “Rad”, so zum Beispiel Radvydas, es fehlt aber das “Z”.
Die Familie Radziwill war die reichste Herrscherfamilie in Litauen und stammt wahrscheinlich von dem Gedimine (Jagiellonen= Jagiello, der Großfürst von Litauen, ließ sich aufgrund des mit Polen geschlossenen Vertrages von Krewo am 15. Februar 1386 in Krakau taufen und nahm den Namen Wladislaw an) ab, aber bei irgendeinem Ereignis erhielten sie zuerst vom Heiligen Römischen Reich im Jahre 1547 einen fürstlichen Titel, welcher in Polen 1564 / 1569 anerkannt wird. Mitglieder dieser Familie spielten wichtige Rollen für Wohl und Wehe in der Geschichte Polens und Litauens.
Etwa um 1989, waren 46 Personen namens Radvilas in Litauen, 1 Radvyla, 29 Radvila, 55 Radvilavic~ius, 9 Radz~ivilas, 1 Radz~vila, 13 Radz~vilas. Etwa um 1994, konnten in Polen gefunden werden: 24 Radziwil/, 55 Radziwil/ko, 140 Radziwil/l/, 2 Radziwl/l/ow, 93 Radziwil/l/owicz, 22 Radziwil/l/o’w, 152 Radziwil/owicz.
Die Radziwill tragen als
Wappen die Tra-by-arms
(Jagdhörner), auf einem
schwarzen Adler, mit dem
Mantel und Bischofsmütze
eines Prinzen.
Wenn jemand königlicher Radziwill war, akzeptierte man, dass er in Europa lebte, in einem Palast residierte, Umgang hatte mit dem europäischen Adel, in superreiche amerikanische Familien mit Namen Kennedy einheiratete und so weiter.
Man findet Personen mit dem Namen Radziwill oder Radvilas im ländlichen Litauen, die nicht reich sind. Andere, deren Vorfahren im späten 19ten Jahrhundert nach Amerika gingen, um dort Freiheit und Arbeit zu finden, leben immer noch dort. Es gibt auch Familien mit gleichlautendem Nachnamen, die nicht verwandt sind mit der Familie Radziwill. Vielleicht waren es Bauern / Leibeigene der Radziwills, die ihren Namen annahmen. Oder es existieren noch entfernte / abgelegene Zweige der Familie, die vor Jahrhunderten in Armut und niederen Stand gesunken sind. Wahrscheinlich existieren beide Seiten, seit die Wappenkunde vier Raziwil/owicz oder Radziwil/l/owicz Familien aus unterschiedlichen Teilen Litauens erwähnte. Die historische Aufzeichnung ist datiert in das späte 16te; frühe 17te Jahrhundert ……..
Es gibt möglicherweise einige Radziwill, die sich auch anderswo ansiedelten.
Radszuweit | zu lithauisch: | Roata = (Zierde), sounas = (Sohn), weita = (Ort), |
roatsunweitis = (der schöne Sohn) |
3. Dritter Deutungsversuch (favorisierte Deutung !)
Etymologie:
Benennung nach Beruf zu preußisch-litauisch raczius (standartlitauisch racius) „Radmacher, Stellmacher“. Zugrunde liegt der preußisch-litauische Familienname Racziuwaitis (standartlitauisch Raciuvaitis), ein mit dem Suffix -aitis gebildetes Patronym. Die Tilgung der Flexionsendung -is sowie die Anpassung der Schreibweise erfolgte im Prozess der Eindeutschung.
Das Suffix -aitis wurde historisch im Litauischen zur Bildung von Patronymen, d.h. vom Namen des Vaters abgeleiteten Namenformen, verwendet. Dieses war typisch für viele Dialektgebiete Preußisch-Litauens sowie Litauens und ist heute Usus in der litauischen Standardsprache. Daneben existiert als Variante das Suffix -átis, das für einige westaukstaitische und zemaitische Dialektgebiete charakteristisch war bzw. ist. In den Quellen wechseln zuweilen beide Suffixe bei Familiennamen von Mitgliedern einer Familie (vgl. Adomat(is) neben Adomait(is), Eintrag Enusche Adomait in: Ortsfamilienbuch Memelland, letzter Zugriff: 24.11.2014). Die litauische Flexionsendung -is ist zumeist im Prozess der Eindeutschung getilgt worden (vgl. Adomat < Adomatis, Adomeit < Adomaitis). Bei Namen, die auf -us bzw. -ius enden, erfolgt die Bildung der Patronyme mit der Suffixvariante – (i)uwaitis (standardlitauisch –(i)uvaitis), die in eingedeutschter Form als -uweit erscheint (vgl. Radszuweit, Stankuweit, Pauluweit bzw. Kurpjuweit).
4. Aussprache des Namens (2)
Bei Radszuweit handelt es sich um die eingedeutsche Form eines litauischen Namens.
Mit Einrichtung der Standesämter 1874 wurden die Unterscheidungen nach Familienstand im Namen abgeschafft. Alle Namensträger der Suffixe –aitis/ -aite/ -aicze erhielten die Endung –eit.
Aus der auch heute noch häufigen Endungen –eit in deutschen Familiennamen kann man somit zweifelsfrei schließen, das die Vorfahren aus Preußisch-Litauen stammen. Nicht sicher ist jedoch die Zuordnung von –eit zu ostbaltischen ( rein litauischen) Vorfahren. Erstaunlicherweise wurde die Endung –eit gerade deutschstämmigen Namen innerhalb litauisch-sprechender Bevölkerung zugefügt (Schneidereit, Petereit,pp.)
Die Buchstaben “sz” im Namen Radszuweit werden in Ostpreußen richtigerweise wie “sch” ausgesprochen [Radschuweit].
(1) Quelle: David Zincavage, jdz@inr.net
(2) Quelle: “Stammbaum einer Bauernfamilie aus der altpreußischen Landschaft Schalauen” von Ulrich Wannagat, Eigenverlag 2000