Das Verbrechen der Hexerei war ein „Cremen fort mixt“, das heißt es lag sowohl im Kompetenzbereich der Kirche (Frevel am Glauben) als auch der weltlichen Gerichtsbarkeit (Maleficia). Da sich die Kirche nicht mit Blut besudeln sollte, wurden die Beschuldigten zuerst vor einem kirchlichen Tribunal verurteilt und dann zur Verhängung und zur Vollziehung der Todesstrafe dem weltlichen Arm übergeben. Ab 1500 verlagerte sich die Prozessführung dann immer mehr auf die weltlichen Gerichte mit ihren eigens installierten Hexenkommissionen.
Im ausgehenden Mittelalter gab es zwei Arten von Prozessen:
- den Akkusationsprozess
- den Inquisitionsprozess
Da Hexerei neben Majestätsbeleidigung, Hochverrat, Falschmünzerei, Straßen und Seeraub ein „crimen exceptum“ darstellte, wurde der Inquisitionsprozess angewandt. „Crimen exceptum“ bedeutete außerordentliches Verbrechen. Aber die Hexerei (Ketzerei, Sacrelegium, Blasphemie, Sodomie) ist nicht bloß ein crimen exeptum, sondern hat unter den außerordentlichen Verbrechen noch einen ganz außerordentlichen Charakter, da sie mit den Mächten der Finsternis in tiefster Verborgenheit ausgeübt wird und, wenn eine Hexe zur Untersuchung gezogen wird, ihr der Vater der Lügen zur Seite steht, sie gegen Schmerzen verhärtet, die Augen der Richter blendet und die Gedächtnisse der Zeugen verwirrt. Daher hat der Richter im Hexen Prozess eine schwierige Aufgabe zu erfüllen. Er muss nämlich während der ganzen Untersuchung einen Kampf mit dem Teufel zu bestehen, den er besiegen soll, und dies war nur mit den außerordentlichen richterlichen Befugnissen des Inquisitionsprozesses möglich.
Der Akkusationsprozess, der auf dem altgermanischen Prinzip „wo kein Kläger, da kein Richter“ beruhte und die „poena talionis“ (Wenn der Ankläger die Schuld des Angeklagten vor Gericht nicht beweisen konnte, wurde er bestraft) kannte, wäre für die Hexenverfolgung kein geeignetes Instrument gewesen. Die Untersuchungen mussten von Amts wegen eröffnet werden können und in der Prozessführung mussten möglichst große Freiheiten für den Richter gelten. Besonders wichtig für die rasante Ausbreitung der Hexenprozesse, war die Tatsache, dass in der peinlichen Halsgerichtsordnung von Karl V. die Folter als Beweisführung genehmigt wurde.
Es wurden dann sog. Hexenausschüsse einberufen, deren Aufgabe es war Zauberer und Hexen aufzuspüren und anzuzeigen. Da die Mitglieder der Hexenausschüsse reiche Vergütungen vom Besitz der Hexen empfingen, stellte sich auch der notwendige Fanatismus ein. Es änderte sich im Hexenprozess das Beweisverfahren grundlegend. Bis zu diesem Zeitpunkt hatte man beim Beweisverfahren zwischen handhafter und übernächtiger Tat unterschieden, d.h. Tatsachen bildeten das Kernstück der Prozessführung.
Bei Hexen konnte es nun natürlich nicht leicht zu einer Beweisführung auf handhafter Tat kommen, weil es nicht möglich war, eine Hexe auf frischer Tat zu ertappen. Als Hilfsmittel wurde dann die Folter angewandt um Geständnisse zu erpressen. und die unter der Folter erpressten Geständnisse zählten mehr als Tatsachen.
Es wurde zur Praxis, dass der Richter auf verdächtige Indizien einen Prozess eröffnen konnte. Kam ein wandernder Inquisitor in eine Stadt, so drohte er den Bürgern mit Kirchenbann und gerichtlicher Verfolgung, falls sie nicht verdächtige Personen meldeten. Jene die dann denunzierten, wurden großzügig belohnt und ihre Aussagen blieben anonym. Hierbei wurden auch die harmlosesten Äußerungen von Kindern beim Spielen als Indizien bewertet. Hatte der Richter nun genügend Indizien, startete er den Prozess.
Aber was galt als Indizium? Alles.. Übler Ruf, Verwandtschaft mit bereits hingerichteten Hexen, Heimatlosigkeit, rasch zunehmender Wohlstand, Anwesenheit am Felde kurz vor einem Hagelschlag, Drohungen, unvermutete Heilung bei Krankheiten, große und schnell erworbene Kenntnisse, Kenntnisse über Heilkräuter usw. Verdächtig war, wenn jemand das Besuchen des Gottesdienstes vernachlässigte, aber auch jener, der immer zum Gottesdienst kam, da man annehmen konnte, dass dieser den Verdacht von sich ablenken wollte. Wenn jemand bei der Gefangennahme furchtsam und erschrocken war, plagte ihn ein schlechtes Gewissen. Zeigte er sich aber gelassen und mutig, wurde er vom Teufel gehärtet. Die Tatsache, dass ein Angeklagter solange gefoltert wurde, bis er einen oder mehrere Namen nannte, um der Qual ein Ende zu bereiten, ermöglichte den Hexenrichtern Prozesse genau zu dirigieren. Denn über denjenigen, der diesen Namen trug, wurde sofort ein Prozess eröffnet. Nur so sind Hexenprozesse zu verstehen, die mehrere Jahre dauerten und mit hunderten Todesurteilen endeten, ja die ganze Landstriche entvölkerten. War einmal der Prozess eröffnet, gab es normalerweise kein Entkommen mehr.
Der Verhaftete wurde in ein Drudenhaus oder in einen sogenannten Hexenturm gebracht, wo er oft entweder in einer tiefen Grube mit Seilen versenkt wurde, in ein enges Loch in der Wand gesperrt oder an Armen und Beinen festgeschnallt wurde. Der Gefangene hing, saß oder stand oft im Winter in eisiger Kälte, in Finsternis, konnte sich nicht bewegen, konnte kaum schlafen, hatte böse Träume, Kummer und schwere Gedanken, wurde geplagt von Hunger, Gestank und, da er sich nicht bewegen konnte, von Flöhen belästigt und von Mäusen, Ratten und Mardern gebissen. An bestimmten Orten war es auch üblich, Gefangene pausenlos mit Stockschlägen umherzutreiben, um sie nicht schlafen zu lassen. Eine Person voller Geduld, Mut, und Vernunft war nach mehreren Monaten kleinmütig, schwach und meistens verrückt.
Ehe der Richter die Angeklagte selbst vernahm, schritt er zum Zeugenverhör. Jeder, soweit er nur belastete, konnte als Zeuge hinzugezogen werden, sogar Fieberkranke, die im Bett phantasierten, oder der Beichtvater. Verteidigung gab es meistens keine, und, wenn es eine gab, war sie gegen den Angeklagten. Auch materielle Beweise wurden hinzugezogen. Konnte man im Haus der Beschuldigten Büchsen, Fläschchen, Besenstiele, Kräuter, Schmalztöpfe usw. auffinden, waren diese gewichtige corpora delicta.
Nun wurde der/die Gefangene verhört. Das Verhör wurde mit der Frage eröffnet, ob die Angeklagte an die Hexerei glaube. Verneinte sie diese, galt sie sofort als Ketzer und wurde verbrannt. Bejahte die Inquisitin diese Frage, wurde sie mit Suggestivfragen überhäuft, die der Richter aus Fragenkatalogen vorlas, um größtmögliche Übereinstimmung in den Geständnissen zu erzielen. Wurde kein freies Geständnis geliefert, schritt man zum peinlichen Verhör, indem man die Verhaftete den fünf Folterungsgraden unterzog und sie pausenlos mit einer Reihe von Fragen bedrängte, die sie mit Ja oder Nein beantworten musste.
z.B.: Ob es wahr sei, dass die Angeklagte an einem bestimmten Tag im Feld gestanden habe. Ob es wahr sei, dass sie mit der Hand gewinkt habe. Ob es außerdem wahr sei, dass an diesem Tag ein Unwetter ausgebrochen sei.
Hat die Angeklagte eine diese Fragen mit Ja beantwortet, so nahm der Richter als erwiesen an, dass sie das Unwetter herbei gezaubert hat. Zur Verurteilung war ein freiwilliges Geständnis notwendig, d.h. das Geständnis unter der Folter erpresst, musste danach nochmals ohne Folter wiederholt werden, wobei es öfters zur Widerrufung und neuerlichen Folter kam. Solche Geständnisse zählten mehre als nackte Tatsachen, wie folgender Vorfall beweist:
Fünf bis sechs Weiber wurden gefoltert, damit sie gestehen, dass sie ein vor kurzem verstorbenes Kind auf dem Friedhof ausgegraben und zu Hexenbrei verkocht hätten. Die Ehemänner der Angeklagten forderten, dass jenes Grab geöffnet werden soll und tatsächlich lag das Kind unversehrt in seinem Sag. Trotzdem wurden die Frauen als Hexen verbrannt, da der fanatische Richter meinte, dass dieses Kind im Sarg nur ein Scheinbild des Teufels sei.
Erfolgte die gewünschten Geständnisse nicht, so wurden die Unglücklichen wieder in das Gefängnis geworfen und erneut gefoltert, bis man das sagten, was der Hexenrichter hören wollte. Um ans Ziel zu kommen, bedienten sich die Inquisitionen oft der gemeinsten Mittel. Sie gaben sich als falsche Freunde aus und versicherten der Angeklagten, dass sie Gnade walten lassen, wenn sie gestehe, eine Hexe zu sein. Jedoch verstand der Richter unter Gnade die Verwandlung des Feuertodes in die Hinrichtung mit dem Schwert.
Eigentlich war der Richter bei der Prozessführung keinen Einschränkungen unterworfen, da man es ja mit dem „Teufel“ zu tun hatte.
Die Folter
Schon auf die leisesten Indizien hin wurde jemand der Zauberei verdächtigt. Zwei bis drei belastende Aussagen oder die Bezichtigung durch einen angeklagten Komplizen rechtfertigten eine Anklage. Aus Anklageprotokollen geht hervor, dass es Usus war, verfolgte Frauen, sobald sie verhaftet worden waren, zu foltern, und eine Verteidigung gar nicht erst zuzulassen. Da die Zauberei als crimen exceptum angesehen wurde, durften sich die Scharfrichter jeden Grad, jegliche Wiederholung und jede beliebige Dauer der Folterung erlauben. Deshalb waren drei- bis vierstündige Folterungen nichts Ungewöhnliches.
Für den Ablauf der Folter gab es genaue Leitfäden. Zuerst untersuchte man die Angeklagte auf diverse Gegenstände, wie etwa Amulette, um zu verhindern, dass sie aus irgendeiner Quelle die Energie des Bösen beziehen konnte, um dadurch die Folter ohne Schaden zu überstehen. Dabei musste sich die Inquisitin entkleiden, wobei es häufig zu sexuellen Übergriffen kam. Danach wurden ihr sämtliche Haare geschert oder abgesengt, um eventuelle Hexenmale zu entdecken ( Leberflecken, Muttermale oder Warzen), welche ein weiteres wichtiges Indiz darstellten. Bei Auffinden solcher Hexenmale wurde die Nadelprobe angewandt. Man stach dabei mit einer Nadel in das Hexenmal, um die Empfindlichkeit zu überprüfen. Bei mangelnder Empfindlichkeit und Fehlen von Blut war das Hexenmal ein unumstößliches Indiz für den Teufelspakt.
Vor der Folter wurde der Inquisitin ein geweihtes Kleid mit christlichen Symbolen angelegt, um Einwirkungen seitens des Teufels bei der Folter vorzubeugen. Dann begann man die Angeklagte zu fesseln, ihr die Folterwerkzeuge zu zeigen und diese ausführlich zu erklären, um die Inquisitin zu einem freien Geständnis zu bringen. Hatte man keinen Erfolg, begann die Tortur.
Für gewöhnlich begann man die Folter mit dem Daumenstock, indem man ihre Daumen in eine Art Schraubstöcke steckte. Diese wurden langsam zugeschraubt. Half der Daumenstock nicht, so wurden die Beinschrauben oder „spanische Stiefel“ angelegt. Durch diese wurden Waden- und Schienbein glatt gepresst, bei aggressiver Anwendung, begannen diverse Knochen zu splittern und der Fuß wurde gequetscht. Um die Qual zu erhöhen, wurde von Zeit zu Zeit mit einem Hammer auf die angelegten Schrauben geschlagen. Um das Jammergeschrei der Gefolterten zu unterdrücken wurde ihnen ein Capistrum in den Mund gesteckt. Der nächste Grad der Folterung war die Expansion oder auch Elevation genannt.
Führte auch diese nicht zum Ziel, so wurde ein neuer Termin (meist 1 bis 2 Tage darauf) zur „Fortsetzung“ der Tortur angesetzt, da die Wiederholung der Folter nicht erlaubt war. War sie ja durch die Idee des Gottesurteils legitimiert. Um einen Selbstmord zu verhindern, sorgte der Richter dafür, dass die Angeklagte niemals allein gelassen wurde. An dem festgesetzten Tag versuchte der Richter erneut die Angeklagte zu einem „freiwilligen“ Geständnis zu bringen. Blieb auch dieser Versuch erfolglos, so wurde die Angeklagte wieder zur Folterung geführt. Während die Angeklagte erneut gefesselt wurde, lies ihr der Richter die Aussagen ihrer Mitangeklagten unter Verschweigung der Namen vorlesen und rief ihr zu: „Du siehst also, dass du durch Zeugen überführt bist!“. War auch diese Folter erfolglos, so ließ man die Angeklagte doch noch nicht frei, sondern man sperrte sie in ein Castrum (Hexenturm). Nach einigen Tagen ließ man die Angeklagte durch bestimmte Frauen besuchen, die sich mit ihr unterhielten und ihr versprachen, dass sie ihr die Freiheit verschaffen wollten, wenn die Angeklagte ihnen nur einige Hexereien lehren wollte. Diese Methode war oft erfolgreich, da zu diesem Zeitpunkt die erlebten Greultaten und Erniedrigungen die Angeklagte bereits in den Wahnsinn getrieben hatten, in dem sie selbst an die Wahrheit der ihre nachgesagten Taten glaubte, auch wenn sie diese nie begangen hatte. Bei besonders willensstarken Frauen blieb aber auch dieser Versuch erfolglos. War dies der Fall, so konnte der Richter die Angeklagte aber auch nur zum Schein zur Hinrichtung führen lassen, um sie auf dem Weg dorthin zur Reue zu bringen. Hüllte sich die Angeklagte immer noch in Schweigen, so hatte sie der Richter in lebenslängliche Haft zu nehmen. Legte die Angeklagte jedoch endlich ein Geständnis ab, so sollte sie bald durch das Feuer hingerichtet werden.
War erst einmal der Prozess über einer Person eröffnet, so entkam sie nur sehr selten dieser Spirale der Bestialität.
Urteil und Bestrafung
Waren Verhöre, Proben und Tortur durch ein „freiwilliges“ Geständnis endlich abgeschlossen, kam es zum Urteilsspruch. Wenn das Verfahren einmal über die ersten Stadien der Folterung hinausgegangen war, so war ein Freispruch so gut wie ausgeschlossen.
War man jedoch gezwungen, die Gefolterten frei zu lassen, so mussten die Gefolterten zuerst die Urfehde schwören, in der sie zu geloben hatten, dass sie sich wegen der erlittenen Gefangenschaft und Folterung nicht an der Obrigkeit rächen wollten. Wurde ein in einem Hexenprozess gefolterter Mensch wirklich wieder freigelassen, so musste er die oft erheblichen Prozesskosten tragen und hatte so gut wie keine Chance sich zu resozialisieren. Er wurde sogar von seiner eigenen Familie gemieden. So tief saß die Angst vor der Zauberei.
Nun aber zu denen die nicht freigesprochen wurden. Der oder die Schuldige wurde, von bewaffneten Reitern begleitet, auf den Richtplatz geführt. Dort wurde ihm noch einmal die Anklageschrift vorgelesen und dann wurde er bei lebendigem Leibe auf dem Scheiterhaufen verbrannt. Als eine Linderung der Strafe galt es, wenn man den Angeklagten zuerst mit dem Schwert enthauptete oder mit einem Seil erdrosselte. Sollte die Strafe jedoch noch verschärft werden, ließ man dem oder der Angeklagten noch vor der „Einäscherung“ eine Hand abschlagen oder sie mit glühenden Zangen auf dem Weg zur Richtstätte kneifen.
Laut dem kanonischen Recht sollte der Verurteilung wegen Zauberei auch die Konfiskation des Vermögens folgen, was auch geschah. Die ersten Ausgaben der Carolina (= peinliche Halsgerichtsordnung Karls des V. um 1524) drücken sich so im allgemeinen und so dunkel über die Zulässigkeit der Konfiskation aus, dass es zweifelhaft bleibt, ob außer bei Majestätsbeleidigung eine Konfiskation des Vermögens gerechtfertigt war. Durch willkürliche Veränderungen des Artikels 218 der Carolina drehten die Richter aber dieses Gesetz gerade so, wie sie es brauchten. Wie auch immer, jedenfalls war die Gewohnheit der Gütereinziehung so weit verbreitet, dass Karl der V. begann sie in engere Grenzen zu weisen. Trotz solcher Verbote wurde weiter konfisziert, jedoch nicht offen, sondern unter dem Titel Prozesskosten.
Motive
Meinrad Pizzini vertritt in seinem Artikel „Der Hexenwahn“ die Theorie, dass die Beweggründe für die Hexenverfolgung nicht nur in der Ausrottung des Bösen bestand, sondern vielmehr in anderen Beweggründen. Sexualverdrängung, Aggressionen gegen Minderheiten und sozial Schwache, Unterdrückung archaischer Kulte, Möglichkeit der Disziplinierung durch Kirche und Staat, Ausschaltung politischer Gegner, Chance der Bereicherung für Verfolger und Verteufelung heilkundiger Frauen. Vor allem aber zählten Neid, Hass und Missgunst zu den Beweggründen.
Habsucht und Geldgier
Ein wichtiges Motiv war die Habsucht. Im 16. Jahrhundert sahen die Richter nur das Geld des Angeklagten. Der Richter wollte nur seine Einkünfte vermehren! Dies fiel aber auch auf. So zum Beispiel Kanonikus Loos. Durch seine offene Kritik gegenüber dieser Geldgier bekam er öfters Kerkerstrafen. Doch für eine gute Behörde war dies der beste und schnellste Weg, Geld zu verdienen. Dies ging aber nur bei den Hexenprozessen, denn da war alles erlaubt. Alles galt, außer ein Alibi des Angeklagten. Von dem Geld bekam aber nicht nur der Richter etwas, sondern auch andere, die bei dem Hexenprozess mitwirkten.
Besonders bei Herren, welche wenig Geld hatten und denen der 30jährige Krieg alles nahm, war die Habsucht das einzige Motiv. Das sieht man bei diesem Beispiel: Ein Justizamtmann namens Geiss soll an die adeligen Herren ein Dokument geschrieben haben, in dem erklärt wird, dass das Zauberwesen wieder ausbrechen wird. Die Bürgerschaft meinte dazu, dass sie alle Unkosten und das Holz bezahlen würde, wenn die Herrschaft Lust zum Brennen hätte. Nebenbei erwähnte Geiss, dass man dann dafür genug Geld bekäme, um Brücke und Kirche wieder zu renovieren. Geiss selbst bekam für die Leitung einiger Hexenprozesse 188 Reichstaler.
Eine Orginalrechnung aus dem Jahre 1639 bestätigt dies. Es wurden dazumal für das Einäschern von 11 Hexen 425 Reichstaler verlangt.
Dass das Geld eines Angeklagten schon vor dessen Verbrennung ausgegeben worden ist, bestätigt dieses Beispiel: Die Gerichtspersonen gingen auf dessen Kosten Essen und Trinken. Der Angeklagte wurde aber nicht verbrannt, sondern nur aus dem Land gejagt. Trotzdem musste er dieses Essen zahlen, dazu noch den Verteidiger und die Abschlagszahlungen für die Wächter.
Nicht nur die Richter und Inquisitoren waren geldgierig, sonder auch Mönche. Ein Beispiel: Louis Berquin sagte seine Meinung über die frommen Betrügereien der Mönche und wurde so der Begünstigung des Luthertums beschuldigt. Ihn aber schützte der König. Aber dann wurde von Louis Berquin behauptet, dass er Zauberei und Teufelsanbetung betrieb. Jetzt wurde er nicht mehr beschützt und wurde mit durchbohrter Zunge lebendig verbrannt(1529). Es gab auch sogenannte Bettelmönche, die mit Säcken umherzogen, in welchen Hexenrauch, der gegen Zauberei half, war.
Hass:
Bei der Zauberei ging es ziemlich einfach, seinen Feind loszuwerden und die Chancen auf Erfolg waren groß. So zum Beispiel schickte ein 11-jähriges Mädchen 20 Personen vor Gericht, nur weil sie mit einer Hausmagd gestritten hatte. Sie spielte eine Besessene. 5 von den 20 Personen wurden getötet.
Teufelsglaube und Inquisition:
Doch diese Motive können nicht der einzige Grund gewesen sein. Es muss noch andere, wichtigere Motive gegeben haben. Diese waren:
- der herrschende Teufels- und Dämonenglaube
- die Änderung des Beweisverfahrens des Prozesses, die gegen Ende des 15 Jahrhunderts eintrat
- die von Hexenmeistern gestattete und befohlene Anwendung der Tortur (Folter) sowie die Einrichtung des Hexenprozesses
zu 1.: Der Teufelsglaube herrschte vom 15. Jhd bis einschließlich des 17 Jhd. und war furchterregende Realität. Die Angehörigen des Teufels waren Hexen und Zauberer, die von der Kirche mit geweihten Dingen ferngehalten werden mussten.
zu 2.: Durch das neue Beweisverfahren waren die Angeklagten ganz und gar der Willkür des Richters und der der Zeugen ausgeliefert. Mit der Einführung dieses neuen Gerichtsverfahrens begann auch die Hexenverfolgung.
zu 3.: Die Einrichtung eines Hexenprozesses bestand darin, dass keine Schranken gegeben waren. Dadurch war es in den meisten Fällen so, dass die Geständnisse erzwungen waren. Nicht nur das Geständnis wurde erzwungen, sondern auch die Preisgabe neuer Namen. Dadurch hatten die Hexenrichter immer neue Arbeit.
Diese 3 Motive waren hauptsächlich Schuld an der Verbreitung und an der langen Dauer der Hexenverfolgung.
Wahrung des Katholizismus( Gegenreformation) und Protestantismus
Die Erfolge der Protestanten im schmalkaldischen Krieg (1546-1547 zwischen Protestanten und Katholiken) führten zum Augsburger Religionsfrieden und zur Abschaffung der Todesstrafe für Protestanten im Namen der Ketzerei.
Aber kein Gesetz verbot, einen Protestanten, den man geschickt in Verbindung mit der Zauberei brachte, nicht zum Tode zu verurteilen. So war es ziemlich leicht Protestanten zu verfolgen, obwohl es verboten war. Das Geld der Getöteten blieb im Land und öfters bekam es sogar der Fiskus selbst.
Auch die Reformzeit konnte der Hexenverfolgung nicht Einhalt gebieten. Sie festigte sogar den Glauben an den Teufel. So entstand ein Wetteifern in den religiösen Gemeinschaften in der Ausrottung des Bösen. Einige warfen dem Gericht sogar vor, nicht streng genug in den Prozessen mit den Hexen umgegangen zu sein. Andere versuchten, diese zurecht zu weisen, und legten die Zahlen der Opfer vor, die täglich zum Feuertod verurteilt werden. Aber selbst noch im 19. Jahrhundert versuchte ein katholischer Schriftsteller nicht die Inquisition oder die päpstliche Bulle für die Ausmaße der Hexenverfolgung schuldig zu machen, sondern seiner Meinung nach wären einzig und allein Luthers Vorstellung von der Gewalt des Teufels Schuld daran. Dieser hatte die Lehre vom Teufel zwar übernommen, richtete aber den Aberglauben gegen die Kirche. Er fasste den Teufel als ein Werkzeug des göttlichen Zorns auf. Außerdem war er der Meinung, dass sich der Kampf gegen den Teufel im Inneren der Seele und nicht wie die Kirche meint, rein äußerlich abspielt. Nach Luthers Vorstellung kann man den Teufel nur im Wachsen des Glaubens und im innigen Gebet besiegen, und nicht wie die Kirche mit irgendwelchen Mitteln, wie Wachs oder einem Gemisch von Friedhofserde mit Weihrauch.
Jedoch war auch Luther für eine Bestrafung von Hexen, welche den Nächsten nichts Gutes wollen und war somit auch ein Kind seiner Zeit.
Defizit einer naturwissenschaftlichen Geisteshaltung
Da es in der Medizin kaum Grundkenntnisse gab, versuchte man alles auf die Macht des Teufels zu schieben. Ärzte wie der englische Arzt Robert Fludd (+1637) glaubten trotz fortgeschrittener Kenntnisse an Dämonen. Seiner Meinung nach lebten Dämonen, die spezielle Krankheiten erzeugten, auf jedem Planet. Auch der Rostocker Arzt Sebastian Wirdig glaubte an 2 Arten von Geistern. Die Geister des menschlichen Körpers, die sich mit den Geistern der Luft (Wärme und Kälte) verbinden, und somit Krankheiten hervorrufen würden. Man suchte in alten Schriften nach Beweisen und fand sie, da seit je her die Menschheit vom Aberglauben so besessen war, dass man die Ursachen nicht in den Naturgesetzen suchte, sondern an Magisches glaubte. Einige Gelehrte wurden auch zum Scheiterhaufen geführt und man erklärte den Leuten zur Abschreckung: „Seht die Macht des Teufels. Dieser Mann mag ein Gelehrter sein, aber wenn der Teufel die Macht über ihn besitzt, seht ihr was geschieht!“.
Der Hexenhammer
Historisches Umfeld
Bis hin ins 15 Jhd. waren Hexenverfolgungen im französischen und italienischen Alpenbereich üblich. Ende des 15. Jhd. verbreiteten sie sich auch im deutschen Raum. Förderer der Hexenverfolgungen waren Heinrich Institoris und Jakob Sprenger. Institoris war Prior des Dominikanerklosters von Schlettlandt. Seit 1474 engagierte er sich als Inquisitor für Oberdeutschland. Er war ein fanatischer Gegner der Hexen und Zauberer. Da die Hexenverfolgungen in Oberdeutschland neu waren, hatte Institoris mit heftigem Widerstand der Bevölkerung zu kämpfen (z.B. Hexenprozess in Innsbruck, in dem Institoris keine Verurteilungen erwirkte). Im Jahre 1484 erreichten die beiden dominikanischen Inquisitoren Sprenger und Institoris von Papst Innozenz VIII. einen Erlass, der ihnen die alleinige Zuständigkeit für die Hexenverfolgung in großen Teilen Deutschlands und Österreich erteilte. Dieser päpstliche Erlass „Summis desiderantes affectibus “ wird auch „Hexenbulle “ genannt. Diese Bulle ist der erste explizite Beleg aus Rom, der Hexerei als ketzerische Realität bezeichnet und deren Verfolgung rechtfertigt. Sie sollte auch den Widerstand der Bevölkerung gegen Institoris und Sprenger niederschlagen. Aufgrund dieser Vollmacht, durften sie gegen Verdächtige mit Einkerkerung und anderen Strafen nach eigenem Gutdünken vorgehen.
Im Jahre 1487 veröffentlichten Heinrich Institoris und Jakob Sprenger auf Ersuchen des Papstes Innozenz VIII. den Hexenhammer “ Malleus maleficarum „, das Handbuch für Hexenprozesse. Sie gingen davon aus, dass mangelnder Glaube an Hexerei als Ketzerei zu gelten habe und stützten sich auf den Großinquisitor von Aragon, Nicolas Eymeric, der 1376 eine umfangreiche Anleitung für Inquisitoren herausgegeben hatte.
Inhalt und Gliederung
Der Hexenhammer gliedert sich wie folgt in drei Teile:
- Im ersten Teil begründen die Autoren, warum schon das Leugnen des Hexenglaubens als verwerfliche Ketzerei anzusehen sei und daher jede Kritik selbstmörderisch war. Das heißt, dass all jene, die die Meinung vertreten, dass es keine Dämonen und Hexen gäbe, sondern, dass die Menschen ihre Irrtümer auf selbsterdachte Gestalten schieben, als Ketzer gelten. Die Autoren versuchen dies damit zu beweisen, indem sie schreiben, dass diese Aussage dem wahren Glauben widerspreche, welcher beinhaltet, dass es Engel gäbe, die aus dem Himmel gestoßen und zu Dämonen geworden Zauberer und Hexen zu unheilvollen Taten verleiten.
- Der zweite Teil handelt von den verschiedenen Arten und Wirkungen der Hexerei und wie solche wieder behoben werden können, z.B.“ Über die Art wie sie die Zeugungskraft zu hemmen pflegen“ oder “ Über die Art, wie sie die männlichen Glieder weg zu hexen pflegen“. In diesem Teil des Hexenhammers werden detailliert die Praktiken von Hexen und Zauberern, der Hexensabbat als Verehrung des personifizierten Teufels und Verhöhnung der Liturgie und der Sakramente, der Teufelspakt und die Teufelsbuhlschaft beschrieben
- Der dritte Teil behandelt die Prozessführung, die Folter, das Urteil und die Bestrafung, stellt also eine Art Kriminalcodex dar.
Frauenbild im Hexenhammer
Die Autoren skizzieren in ihrem Buch ein extrem feindliches Frauenbild und tragen alles zusammen, was sich an Negativem über die Frau bei griechischen und römischen Schriftstellern, im Alten Testament, bei den Kirchenvätern und anderen kirchlichen Autoritäten findet. Dass die Frau sowohl biologisch als auch metaphysisch minderwertig ist, geht natürlich aus dem Schaffungsakt der Frau ( Genesis) hervor, nach dem sie aus einer krummen Rippe geformt wurde, das heißt aus einer Brustrippe, die gekrümmt und gleichsam dem Mann entgegen geneigt ist. Aus diesem Mangel resultiert auch, dass das Weib ihre Unvollkommenheit in biologischer und rationaler Hinsicht mit Lüge, Hinterlist und Habgier auszugleichen versucht. Hierzu wird Cato, Seneca und Tullius zitiert: „Weint ein Weib, so sinnt es gewiss auf listige Tücke.“ „Zwei Arten von Tränen sind in den Augen der Weiber, die einen für wahren Schmerz, die anderen für Hinterlist; sinnt das Weib allein, dann sinnt es Böses.“ „Die Weiber treibt zu allen Schandtaten nur eine Begierde: denn aller Weiberlaster Grund ist die Habsucht.“
Dass die Frau von Natur aus einen geringeren Glauben habe und sie in allen Kräften der Seele, des Leibes und des Verstandes mangelhaft sei, gehe ebenfalls aus dem Schöpfungsbericht hervor, da Eva an den Worten Gottes zweifle und Adam verführt habe. Weiteres Indiz hierfür sei auch die Etymologie des lateinischen Begriffes für Frau: Das Wort femina komme von fe und minus ( fe = fides, Glaube, minus = weniger, also femina = die weniger glauben hat). Also sei das Weib von Natur schlecht, da es schneller am Glauben zweifelt und auch schneller den Glauben ableugnet, was die Grundlage für die Hexerei ist. Die Verführung Adams durch Eva sei auch ein wichtiges Indiz dafür, dass die Frau von einer viel stärkeren sexuellen Leidenschaft getrieben werde als der Mann. Hierfür wird auch Plato zitiert: „Durch ihre Emotionalität neige die Frau eher zur Sexualität als der Mann und stehe somit mit ihren Trieben der Vernunft des Mannes gegenüber.“
Institoris und Sprenger vermitteln ein Bild der Frau, das ein Produkt einer langen frauenfeindlichen Tradition einer patriarchalischen Männerwelt und den persönlichen psychopathologischen Wahnvorstellungen der Autoren darstellt. Tragisch freilich, dass ein solches Machwerk für lange Zeit zum festen Bestandteil abendländischen Geisteslebens gehörte.
Abschließend möchte ich noch den Schlussteil der Betrachtungen über die Frau aus dem Hexenhammer zitieren: „Apokalypse 6: Ihr Name ist der Tod. Denn mag auch der Teufel Eva zur Sünde verführt haben, so hat doch Eva Adam verleitet. Und wie die Sünde der Eva uns weder leiblichen noch seelischen Tod gebracht hätte, wenn nicht in Adam die Schuld gefolgt wäre, wozu Eva und nicht der Teufel ihn verleitete, deshalb ist sie bitterer als der Tod. Nochmals bitterer als der Tod, weil der Tod des Körpers ein offener, schrecklicher Feind ist; das Weib aber ein heimlicher, schmeichelnder Feind ……. Schließen wir: Alles geschieht aus fleischlicher Begierde, die bei Frauen unersättlich ist. Sprüche am Vorletzten: “ Dreierlei ist unersättlich und das vierte, das niemals spricht: es ist genug, nämlich die Öffnung der Gebärmutter.“ Darum haben sie auch mit den Dämonen zu schaffen, um ihre Begierden zu stillen. – Hier könnte noch mehr ausgeführt werden; aber den Verständigen ist hinreichende Klarheit geworden, dass es kein Wunder, wenn von der Ketzerei der Hexer mehr Weiber als Männer besudelt gefunden werden. Gepriesen sei der Höchste, der das männliche Geschlecht vor solcher Schändlichkeit bis heute so wohl bewahrte: da er in demselben für uns geboren werden konnte und leiden wollte, hat er es deshalb auch so bevorzugt.“
Die Bedeutung des Hexenhammers
Der Hexenwahn wurde durch den Hexenhammer sicherlich gesteigert; er bewirkte aber auch eine Verschiebung der Akzente: einerseits eine verstärkte Verfolgung der Frau, da man die Gesetzlosigkeit und Irrationalität einer durch und durch triebhaften Frau symbolisch mit der Gesetzlosigkeit der Natur in Verbindung brachte, die unterworfen und gezähmt werden musste- vielleicht Projektionen und Substitutionen des Mannes? – , andererseits die Verlagerung der Prozesse von der geistlichen auf die weltliche Justiz. Die ungeheure Wirkung dieses Buches hängt auch mit seiner weiten Verbreitung zusammen, die die neue Kunst des Buchdruckes ermöglichte. Bis 1669 erlebte der Hexenhammer neunundzwanzig Auflagen.